Mit dem Snowboard im frischen Pulverschnee die Abhänge hinab gleiten. Viele Freerider betreiben ihren Sport, in dem sie für ein verlängertes Wochenende in die Berge fahren. Björn Köcher ist das zu wenig. Gerade ist er zu seinem Roadtrip „Free Ride Europe“ gestartet. Zwei Monate mit dem Camper Van durch Europa reisen und neue Pisten erkunden. Hört sich spannend an? Ist es auch.
Die „Free Ride Europe“-Tour von Björn, dem Outdoorblogger von St. Bergweh
Als ich von Björn’s Plänen und seiner Tour durch Europa gehört habe, war ich eigentlich sofort begeistert. Ein ungewöhnlicher Roadtrip und dazu noch mit einem „politischen“ Fokus. Seinen Sport will er dabei mit den Themen Nachhaltigkeit und Europa kombinieren. Zu meiner großen Freude hat er sich die Zeit genommen und ein bisschen mehr erzählt über seine Pläne und wie er auf die Idee gekommen ist. Da war er bereits gestartet, mit vollem Camper Van und Snowboard und schon mitten in den Bergen. Hier findet ihr mehr Infos über seinen Roadtrip und wie es dazu kam:
Björn, dein Roadtrip trägt den Titel „Free Ride Europe“. Was verbirgt sich dahinter?
Ich bin tatsächlich den ganzen Februar und März mit einem Camper Van in Europa unterwegs und werde dabei nicht nur zehn Länder bereisen und mit dem Erz- und Riesengebirge, der Hohen und Niederen Tatra, den Alpen und Pyrenäen verschieden Bergregionen besuchen, sondern dort auch Menschen treffen und interviewen. Der Grund: Ich finde es wirklich erschreckend, wie sehr sich die europäischen Länder und scheinbar auch ihre Bewohner zunehmend von der – wie ich finde genialen – europäischen Idee entfernen.
Deshalb will ich mir selbst ein Bild davon machen und glaube, über die Gemeinsamkeit der Berg- und Naturliebe einen guten Zugang gefunden zu haben. Der Name „Free Ride Europe“ ist in gewisser Weise ein Wortspiel: Seit gut 25 Jahren ist Snowboarden ein wichtiger Teil meines Lebens. Insbesondere das Fahren abseits der Pisten, also „Freeriden“ mit normalem Snowboard oder Splitboard, reizt mich.
Gleichzeitig habe ich aber während der gesamten zweimonatigen Tour einen Schlafplatz und einen Beifahrersitz frei. Was liegt da näher, als Interessierten einen „free ride“ zu ermöglichen, mich also für ein paar Tage zu begleiten. Mittlerweile sind allerdings eigentlich alle sinnvollen Slots schon belegt, was ich ziemlich cool finde.
Roadtrips sind bei Travellern sehr angesagt: die Pisten entlang fahren, Länder bereisen, ein cooles „Van-Life“ führen. Dein Roadtrip hat einen politischen Fokus. Was ist dir dabei wichtig?
Im letzten Jahr bin ich 40 Jahre alt geworden. Das war für mich – genau wie für viele andere Menschen – ein Anlass, um mal über das eine oder andere im Leben etwas intensiver nachzudenken. Das kann man auch bei meinem The First 40 Project sehen, bei dem ich Spendengelder für die Klimaschutzorganisation Protect Our Winters (POW) sammle, um so zumindest ein klein wenig den CO2-Fussabdruck meiner früheren Reisen zu kompensieren.
Aber klar, auch ich mache Dinge einfach aus reinem Spaß. Bei dieser Reise war es mir aber wichtig, dass sich Spaß und Sinn die Waage halten. Schließlich kann ich mich nicht über Nationalismus, Protektionismus, Umweltverschmutzung oder fehlendes nachhaltiges Denken aufregen, wenn ich dann nur zu Hause sitze und vielleicht maximal tolle Sprüche oder Bilder auf Facebook und Instagram like oder teile.
Wie bist du an die Planung deiner Tour herangegangen und hast du irgendwelche Hürden bei der Realisierung überwinden müssen?
Mit dem Pleasure Snowboard Magazin habe ich einen tollen Medienpartner, in dem später auch – neben meinem Blog – meine Erlebnisse auf der Tour nachzulesen sein werden. Vom Herausgeber Bene Heimstädt, der die Idee sehr mochte, habe ich viele interessante Kontakte in den verschiedenen Regionen bekommen. Die Offenheit für das Projekt und meinen Besuch sind grandios. Ich selbst habe via Instagram und Facebook oder über Freunde tolle Gesprächspartner ausfindig gemacht und die Route entsprechend gebaut. Jetzt merke ich, dass ich unterwegs auf der Tour noch viele interessante Tipps bekomme, die ich natürlich versuche irgendwie einzubauen.
Die größte Hürde war eigentlich: Wie komme ich von Spot zu Spot? Die erste Idee war es, mit einem Elektroauto zu fahren. Allerdings ist das im Winter, wo die Reichweiten der verschiedenen Modelle noch geringer sind und in abgelegenen Bergregionen sowie unterschiedlichen Ländern aufgrund der fehlenden Ladeinfrastruktur, kaum möglich. Zumindest nicht in zwei Monaten.
Dann kam die Idee mit dem Wohnmobil, und ich bin Stefan Riedlinger vom Wohnmobilhersteller Sunlight super dankbar, dass er die Idee auch cool fand und mir einen seiner Cliff Camper Vans zur Verfügung gestellt hat. Im Übrigen werde ich die gefahrenen Kilometer und den damit verbundenen CO2-Ausstoß im Anschluss über eine Stiftung durch Spenden an Klimaschutzprojekte, die zur Einsparung genau der gleichen Menge CO2 beitragen, kompensieren.
Jetzt, wo du auf Tour bist: wie ist es für dich unterwegs und was sind deine Eindrücke?
Aktuell sitze ich in Zakopane im polnischen Teil der Hohen Tatra fest. Es schneit seit zwei Tagen und ich finde keine Möglichkeit meine Propangasflaschen aufzufüllen, die die Heizung und die Kochstelle betreiben. Aber ein bisschen Abenteuer gehört ja auch dazu. Ansonsten habe ich ereignisreiche Tage im Erz- und Riesengebirge hinter mir.
Dort habe ich den Filmer und Fotografen René Eckert in seinem Haus im Vogtland besucht, mir die kleine Snow- und Longboard Manufaktur BuddyBuddy angeschaut und bin mit dem Gründer von Gara Splitboards, Ota Tyl, und seinen Freunden im Backcountry von Spindlermühlen unterwegs gewesen. Aktuell bin ich auch noch alleine unterwegs, was ich sehr genieße. Gleichzeitig freue ich mich aber auch schon auf meinen ersten Mitfahrer Julius aus Berlin, den ich in wenigen Tagen in Linz einsammeln werde.
Kannst du anderen, die auch ein „Reise-Projekt“ mit politischem oder sozialem Fokus vorhaben oder planen, einen Tipp zur Umsetzung geben?
Derartige Projekte sind immer sehr individuell, deshalb fällt es schwer, da allgemeingültige Tipps zu geben. Grundsätzlich möchte ich zu solchen Aktionen sagen: Einfach machen! Es ist auf alle Fälle besser als zu Hause rumsitzen. Und man setzt sich auch mit so einer Reise mehr auseinander, was nicht nur die Vorfreude und Spannung erhöht, sondern wahrscheinlich auch im Nachhinein länger haften bleibt. Außerdem lernt man in jedem Fall tolle Menschen kennen.
Falls ihr Unterstützung benötigt, dann kann ich nur empfehlen: Fragt bei Firmen und Unternehmen an, aber nicht unvorbereitet. Ich habe beispielsweise für meine Anfragen eine mehrseitige Projektbeschreibung erstellt, die etwas zum Hintergrund und der Idee selbst enthielt, aber auch Informationen zu mir und meinem Blog. Falls ihr keinen eigenen Blog habt, dann könnt ihr auch einen passenden Blogger ansprechen und fragen, ob ihr einen Gastbeitrag schreiben und ihn als Medienpartner nennen dürft.
Überlegt euch auch, wer die perfekten Partner wären, also welche „Marke“ optimal zu eurem Projekt passt, und sprecht sie genau vor diesem Hintergrund an. Erfahrungsgemäß klappt nicht alles, aber alle werden nett und grundsätzlich offen reagieren. Beginnt aber nicht zu spät, denn die Mühlen in Unternehmen und Behörden mahlen meist sehr langsam.
Fotos: St. Bergweh, Titelbild: Wout Gijsbers
Björn Köcher lebt in Hamburg und schreibt in seiner Freizeit auf seinem Blog St. Bergweh über spannende Bergsport- und Outdoorthemen. Seine Route gibt es hier. Ihr könnt ihm am besten via Instagram folgen: entweder via @bjoekoe oder über den Hashtag #FreeRideEurope.
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