Nachhaltig Reisen nach Yunguilla in Ecuador

Nachhaltig Reisen nach Yunguilla in Ecuador - Südamerika

Nachhaltig Reisen liegt im Trend und bietet tolle Möglichkeiten, Länder und Regionen möglichst authentisch kennenzulernen. Gastautorin Kaya berichtet über ein Projekt in Ecuador.

Nachhaltig Reisen: Gemeindebasierter Tourismus in Ecuador

Von Kaya Herkersdorf

Gemeindebasierter Tourismus ist für viele Gemeinden – gerade in Lateinamerika – eine große Chance. Denn die Gemeinden schaffen dadurch eigene Anreize, um ihre Region fernab des Massentourismus für Besucher attraktiv zu gestalten. Ruinenstätten erlangen alleine durch ihre Existenz schon Berühmtheit. Alltägliche Orte werden erst durch die „Aktivitäten“ ihrer Einwohner bekannt – oder eben auch nicht.

Manche Kleinstädte und Dörfer, die mit “5 Stunden von Machu Picchu gelegen” oder “nur 60 Kilometer von der Hauptstadt entfernt” beschrieben wurden, stehen durch einen gemeindebasierten Tourismus für sich alleine. Sie gelten als ganz eigene „Attraktionen“, abseits der bekannten Sehenswürdigkeiten. Und die Reisenden erfahren gerade in diesen Gemeinden meist viel mehr über Land und Leute als in den überlaufenen Hotspots.

Nachhaltig Reisen Yunguilla Ecuador

Ecuador ist in Südamerika einer der Vorreiter in Sachen nachhaltiger und gemeindebasierter Tourismus. Innerhalb des Landes gibt es auf Konferenzen regen Austausch zur Verbesserung der einzelnen Projekte in den Gemeinden, ein ganzer Sektor des Tourismus in Ecuador widmet sich ausschließlich dem gemeindebasiertem Tourismus. Eine der Gemeinden, die den Wandel von einem unbekannten Ort zu einem Vorzeigemodell in dem Bereich geschafft hat, ist Yunguilla.

Nachhaltig Reisen: Mittendrin und authentisch

Als ich nach der 1,5-stündigen Fahrt von Quito nach Yunguilla ankomme, fällt mir als erstes die Stille auf. Mit der Ankunft unseres Pickup-Trucks ersterben auch die letzten Motorengeräusche. Nun umgibt uns lediglich die ruhige Klangkulisse des Nebelwalds. Einzelne Vogelrufe sind zu hören, ein paar Hunde springen von der Straße ins raschelnde Gebüsch und neugierig kommen ein paar Einwohner aus dem Gemeindeladen gelaufen, um die frisch Eingetroffenen zu begrüßen.

Yunguilla Ecuador

Ich folge Deisy, in deren Haus ich übernachten werde, zu Fuß die Straße hinauf. Yunguilla verteilt sich entlang von wenigen, dicht beieinander liegenden Wegen. Die eine Hälfte des Ortes befindet sich oberhalb des Gemeindeladens, die weiteren Häuser verteilen sich in großen Abständen entlang der Hauptstraße bis hinauf zum Gemeinderestaurant mit den umliegenden Produktionsstätten der Gemeinde.

Dort gibt es eine Käserei, eine Baumschule, Gewächshäuser, Lagerhäuser und eine große Küche zum Einkochen der verschiedenen Marmeladensorten. Während sie das Abendessen für ihre gesamte Familie zubereitet, erklärt Deisy mir, wie der Alltag in Yunguilla mittlerweile aussieht und was für Arbeit in der Gemeinde anfällt.

Nachhaltiger Tourismus Yunguilla Ecuador

Gemeinsam hat die Bevölkerung von Yunguilla geschafft, was nun als Vorzeigeprojekt gilt: Innerhalb der Gemeinde arbeiten die Menschen Hand in Hand in den verschiedenen Aufgabenbereichen, die von der Herstellung verschiedener Produkten wie Käse, Marmelade und Kunsthandwerk bis hin zur Wiederaufforstung und dem Schutz des Nebelwalds, Tierbeobachtung und Arbeit im Tourismus variieren.

Nachhaltig Reisen nach Yunguilla

Seit Yunguilla für Besucher interessant geworden ist, gibt es auch mehr Arbeitsplätze im Ort. Jugendliche können als Touristenführer arbeiten, in der Küche des Gemeinderestaurants oder in der Käserei. Die Gemeindemitglieder haben ihre Art gefunden, ihrem Alltag nachzugehen und diesen zeitgleich mit den Besuchern zu teilen.

Yunguilla in Ecuador

Als die Dämmerung hereinbricht, was wegen der Nähe zum Äquator einen geradezu abrupten Übergang von hell zu dunkel bedeutet, stürmt eine Gruppe Mädchen durch die Eingangstür herein. Teils leben sie noch in Yunguilla, teils studieren sie im nahegelegenen Calacalí oder in Quito. Alle berichten mir während meiner Tage, dass sie froh sind, das Wochenende in Yunguilla zu verbringen.

Eine von ihnen, Deisys Nichte, hat Geburtstag und so sitzen wir nach dem Abendessen vor dem Kaminfeuer und teilen Torte, während immer mehr Ortsbewohner mal vorbeischauen, um zu gratulieren oder ein paar Worte zu wechseln. Dass ich mittendrin sitze, fällt kaum auf. Scheint ganz normal, dass hier noch eine weitere Person an den Gesprächen teilnimmt. Alle in Deisys Wohnzimmer sind eine große Gemeinschaft – und für heute bin ich ein Teil davon.

Wandern auf alten Schmugglerpfaden

Am nächsten Tag laufe ich mit Rolando über die Culuncos – oder vielleicht sollte man eher sagen, durch die Culuncos. Die Culuncos sind uralte Pfade, die sich durch die Anden ziehen, und für den geheimen Warenaustausch zwischen Küste und Nebelwald genutzt wurden. Nur Einheimische kannten die versteckten, engen Verbindungswege, auf denen gerade ein Maultier Platz hat.

Sanfter Tourismus: Yunguilla in Ecuador

Diese als Pfad zu bezeichnen, weckt fast ein falsches Bild: Man läuft eher durch eine enge Schlucht aus Lianengewächsen und moosbewachsenen Bäumen, durch grüne, tiefe Tunnel im Nebelwald, die Licht und Geräusche schlucken. Die Mystik der uralten Culuncos ist hier im Nebelwald von Yunguilla spürbar, fast erwartet man, plötzlich auf einzelne Reisende zu stoßen, die Maultiere mit Schmugglerware vor sich hertreiben.

Rolando sagt, er empfinde es als zutiefst entspannend, durch die langen Culuncos zu streifen, und ich stimme ihm sofort zu. Es ist eine eigentümliche, fast schon meditative Erfahrung, den Pfaden durch den Nebelwald zu folgen. Ohne von der restlichen Umgebung wahrgenommen werden zu können und weiter als auf die nächsten wenigen Wegmeter blicken zu können. Nach einem Marsch kehren wir wieder zurück in den Ortskern und teilen uns zum Abschluss unseres Treffens ein paar Bergpapayas.

Wenn ich heute auf meine Reise nach Ecuador zurückblicke, denke ich immer wieder an Deisy, Rolando und die anderen, die ich dort getroffen habe. Und an die leckeren Bergpapayas.

Gemeindebasierter Tourismus: Yunguilla in Ecuador

Mehr Infos über den gemeindebasierten Tourismus in Ecuador und die Gemeinde Yunguilla findest du hier: Yunguilla-Abseits der Pfade

Zur Gastautorin:

Kaya Herkersdorfer arbeitet bei viventura, dem nachhaltigen Reisespezialist für Südamerika, der u.a. gemeinnützige Tourismusprojekte in seine Reisen inkludiert. Schon nach dem Abi zog es sie für einen „weltwärts“-Dienst nach Peru, dort arbeitete sie in einem Regenwald-Schutzprogramm. Ihre Leidenschaft für Südamerika ist bis heute ungebrochen.

Mehr zum Thema nachhaltig Reisen und sanfter Tourismus findest du in unserer Rubrik Nachhaltigkeit. Hast du weitere Tipps zum Thema? Dann hinterlasse sie einfach hier unten in einem Kommentar.

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