Wahrnehmung bestimmt kulturelle Prägung

Wahrnehmung bestimmt kulturelle Prägung

Wahrnehmung bestimmt kulturelle Prägung: Menschen in westlich geprägten Ländern denken gerne in Schubladen, während Menschen in Asien eher komplex und ganzheitlich denken. Über dieses Phänomen schreibt Christian Gruber in einem höchst lesenswerten Beitrag in der „Rheinpfalz am Sonntag“ und dazu führte er Interviews mit Forschern aus den Neuro- und Kognitionswissenschaften. Diese belegen, dass die Kultur, der wir angehören, „unsere Aufmerksamkeit lenkt und bestimmt, was und wie wir wahrnehmen“. Menschen aus der westlichen Zivilisation denken gerne in einfachen Kategorien, während für Asiaten meist „die Beziehung zwischen den Dingen entscheidend“ sei.

Personen aus Asien sehen sich in der Regel als Teil des Ganzen und der Einzelne berücksichtige im Alltag meist seine Stellung im Verhältnis zu den anderen. Die gewonnenen Erkenntnisse sind das Ergebnis von zahlreichen Studien, wie die beiden US-Forscher Richard Nisbett (University of Michigan) und Denise Park (University of Texas) berichten.

Kulturelle Identität und ganzheitliches Denken

Generell kann man davon ausgehen, dass beispielsweise der Europäer und Amerikaner die Welt eher als stabil und vorhersehbar wahrnimmt und der Asiate die Welt stärker als „komplexes Geflecht, in dem Stabilität die Ausnahme und Wandel die Regel ist“. Auswirkungen haben diese kulturellen Prägungen bis hinein in die Gedächtniskultur. So erinnern sich beispielsweise Chinesen „eher an Erlebnisse, die sie mit anderen teilen, während sich US-Amerikaner stärker an persönliche, individuelle Erfahrungen erinnern“.

Kulturelle Prägung und persönliche Autonomie

Trotz der kulturellen Unterschiede könne man allerdings nicht davon ausgehen, dass Asiaten nicht analytisch und Europäer nicht ganzheitlich denken könnten – lediglich die Gewichtung der Denk- und Wahrnehmungsmuster seien jeweils verschieden gelagert. Interessant ist auch diese Tatsache: Leben Europäer und Amerikaner lange genug in Asien und Asiaten lange genug im Westen, passen sich ihre Denk- und Wahrnehmungsmuster an die neue Kultur an. Der Grund dafür liegt in der Plastizität des menschlichen Gehirn, also in der Anpassungsfähigkeit des Gehirn und dem Umbau neuronaler Strukturen.

Für den Autor stellt sich die spannende Frage, ob die unterschiedlichen Denkstile und kulturellen Besonderheiten bei der fortschreitenden Globalisierung erhalten bleiben oder sich womöglich zunehmend annähern? Vermutlich wird dies erst die Zukunft zeigen und bis dahin kann das Wissen um die kulturellen Verschiedenheiten in jedem Fall hilfreich sein.

Wahrnehmung bestimmt kulturelle Prägung – Quelle: Christian Gruber, „Durch die Augen der anderen“, erschienen in der „Rheinpfalz am Sonntag“

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Heiko Müller

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