Bericht von Anja Rennert Großbritannien: Als Ergotherapeutin in London Dies ist ein Erfahrungsbericht, der einen kleinen Einblick in das Aufgabenfeld eines/er Ergotherapeuten/in in einem Akut Krankenhaus in Großbritannien geben möchte. Seit März 2005 arbeite ich als Ergotherapeutin in einem Universitätskrankenhaus in London und habe hier eine mir völlig neue Seite der Ergotherapie kennen gelernt. Eine der neuen Erfahrungen war, dass ich die Möglichkeit habe meinen Zeitplan selbst zu gestalten. In Deutschland habe ich in der stationären und ambulanten Neurorehabilitation gearbeitet und somit Klienten über einen längeren Zeitraum begleitet, wobei die Länge der Einheit vorgeschrieben war. Jetzt sehe ich Klienten maximal 2-3 Mal, habe aber die Möglichkeit meine Zeit selbst einzuteilen. Der Arbeitsschwerpunkt eines Ergotherapeuten im Krankenhaus liegt zum einen in der Befundaufnahme, der Entscheidung über das Rehabilitationspotential eines Klienten und im gegebenen Fall sie/ihn für eine anschließende ambulante oder stationäre Rehabilitation zu überweisen. Oft ist es auch der Ergotherapeut, der Kontakt mit der Familie aufnimmt, um ausführlichere Informationen über die Lebensgewohnheiten des Klienten zu bekommen – und nicht das Pflegepersonal oder die Ärzte. Zu meinem Arbeitsbereich gehört es u. a. Empfehlungen zu geben, ob ein Klient sicher und selbständig genug, ist wieder zu Hause zu leben oder eine Unterbringung in einem Altenheim anzuraten ist. Zum Glück liegt diese für das Leben eines/einer Klienten/in sehr einschneidende Entscheidung nicht allein auf den Schultern der Ergotherapeutin. Es gibt sehr gut funktionierende interdisziplinäre Teams, in denen Entscheidungen gemeinsam getroffen werden, natürlich mit der Einbeziehung des/der Klient/in und deren Familienangehörigen. Den größten Teil meiner Arbeitszeit verbringe ich mit Hausbesuchen, bei denen das häusliche Umfeld abgeklärt wird, Risikofaktoren minimalisiert werden sollen (z.B. Sturzgefahren beseitigen) und Vorschläge für die Hilfsmittelversorgung gemacht werden. Da die Hilfsmittelversorgung in Großbritannien nicht von einem Sanitätshaus übernommen wird, ist es die Ergotherapeutin mit Ihrem Assistenten, welche die Hilfsmittel liefern, installieren und den Gebrauch erklären. Natürlich handelt es sich dabei nur um kleinere Hilfsmittel wie eine Toilettensitzerhöhung oder Haltegriffe. Die Versorgung mit Rampen oder Sesselliften wird von den Ergotherapeuten/innen in der Gemeinde (SocialServices) übernommen. Im Vergleich zu Deutschland ist das Hilfsmittelangebot sehr bescheiden und nicht gerade sehr formschön. Oft ist die Hilfsmittelversorgung außerhalb des Krankenhauses mit langen Wartezeiten verbunden. Auf einen Sessellift in London kann man schonmal ein Jahr warten, wenn er denn überhaupt genehmigt wird. All diese Schwierigkeiten lassen sich mit dem im Vergleich zu Deutschland anders strukturierten Gesundheitssystem erklären.
Die Kosten für die Gesundheitsversorgung werden komplett von der Regierung übernommen und somit auch die Kosten für die Hilfsmittel. Leider wird auch in Großbritannien versucht an allem zu sparen und die kostengünstigsteVariante ist nicht immer die Beste für den Klienten. Anja Rennert, London