Bericht von Susanne Fengler, sulife@hotmail.com 

Taiwan: Hilfsmittelversorgung auf taiwanesisch „Eine gute Nachricht: Wir bekommen zwei Rollstühle gestiftet!“ Mit diesen Worten begrüßt mich ZhiXuan, der therapeutische Leiter des Kinderheims, in dem ich hier arbeite, an einem Montag morgen. Das ist wirklich eine gute Nachricht, bisher habe ich alte Rollstühle aufpoliert und umgebaut, neue habe ich noch nie in die Finger bekommen, geschweige denn bestellen können. ZhiXuan händigt mir die Kataloge einer Rollstuhlfirma aus, bei der der Spender bestellen möchte. Ich bin etwas verdutzt: die Spende ist firmengebunden, ich kann nicht aus unterschiedlichen auswählen? Nein, der Spender möchte bei dieser Firma kaufen, also schaue ich, welche Rollstühle aus dem Sortiment in Betracht kommen. Ich mache mich auf die Suche nach Kindern, die einen neuen Rollstuhl brauchen. Hm, ganz ehrlich? Alle! Zumindest, wenn ich mal wieder die deutsche Messlatte anlege. Wenn ich das taiwanesische Maßband nehme und mir sage: „cha bu duo“ (wörtlich: „fehlt nicht viel“), also nicht ganz so genau hingucken, dann sieht es schon anders aus. Und natürlich die Frage: Wer ist bedürftig? Alle! Aber wer ist richtig, richtig bedürftig? Okay, der Kreis wird kleiner. Übrig bleiben zwei schwerstbehinderte Mädchen: Cai YiLing, 12 Jahre und Huang WeiChun, 11 Jahre. Cai YiLing lebt schon, seitdem sie ein Jahr alt ist, in Plegeeinrichtungen – seit vier Jahren bei uns, ihre Mutter hat sie verlassen und lebt in einer anderen Stadt. Auch die restliche Familie, die in Taidong wohnt, kümmert sich nicht um sie. In den Ferien bleibt sie im Heim und als sie im letzten Jahr operiert werden musste, hat es drei Tage gedauert, die Mutter zur Unterschrift ausfindig zu machen – währenddessen Cai YiLing”s gesundheitliche Situation bedenklich wurde. Ihr jetziger Rollstuhl ist garantiert noch aus den 70er Jahren und das große Problem ist die fehlende Kopfkontrolle, so dass ein Rollstuhl mit einer angepassten Kopfstütze einfach großartig wäre. Dann könnte sie auch aufrechter sitzen, ihre Lungen würden besser belüftet, das hieße vermutlich auch, dass sie weniger Lungeninfektionen hätte, mehr Kraft und mehr Entwicklungsmöglichkeiten. Huang WeiChun hingegen ist immer mal wieder bei uns. Die Mutter ist allein erziehend und lebt mit ihrer Tochter zusammen bei den Großeltern. Sie bringt WeiChun jeden Tag ins Kinderheim, das hat das Jugendamt angeordnet, da WeiChun stark unterernährt war. Die Mutter ist mit ihrer Situation überfordert – kein Geld, kaum Arbeitsmöglichkeiten und ein Kind, das viel Geduld und Pflege benötigt. Also gut, die beiden „Rollstuhlkandidatinnen“ waren gefunden und ich machte mich gemeinsam mit der Physiotherapeutin Zhang SuFong daran, die Kinder zu messen und das besondere Zubehör für die Rollstühle auszuwählen. Fertig, die Bestellung zurück an ZhiXuan und dann hieß es: auf die Rollstühle warten. Am Tag der Lieferung kam ZhiXuan etwas geknickt zu mir. „Es gibt Probleme mit den Rollstühlen: der Spender hat sich umentschieden und bei einer anderen Firma bestellt. Es gibt jetzt einen kleinen und einen großen Rollstuhl.“ Etwas verwirrt stand ich vor den beiden Rollstühlen, die nun gar nicht den bestellten Exemplaren entsprachen. Jetzt musste ich das Feld von hinten aufrollen – das hieß: Kinder finden, die in diese Rollstühle passten. Da heißt es tief durchatmen, und um es mit Tina Dico zu sagen: „And I close my eyes and count to ten, and when I open them again, everything makes sense to me then.“ Nach mehreren Versuchen konnte sich Guo TingWen eines neuen Rollstuhls erfreuen, und dank eines neuen Korsetts kann zumindest Huang WeiChun im neuen Gefährt sitzen. Für Cai YiLing gab es eine verbessere Kopfstütze, so gibt der Oldtimer-Rollstuhl doch noch eine einigermaßen gute Figur ab.

Fazit: Macht zwar nicht alles immer einen Sinn, aber wir machen etwas draus!

Susanne Fengler